Als Elektroflug noch Abenteuer war

- ein technischer Rückblick auf die Entwicklung des Elektrofluges -

Anlass fürdiese Ausführungen war der Antriebsstrang mit einem Axi 2208, den ich gerade in ein Modell einbaute und dessen Leistung im Bereich der ersten verfügbaren Elektroantriebe für Elektroflugmodelle liegt. Einiges Wühlen in der Elektrokiste förderte noch Teile aus der Anfangszeit der Elektrofliegerei zutage.

 

Vergleich Axi 2208 nebst Regler mit Speed 600

 

Der komplette Antriebsstrang mit 3x830mAh Lipo

 

 

Eigenbauschalter mit Relais, BEC und Sanftanlauf aus früheren Zeiten

 

 

heute als globig empfundener Empfänger von anno tobak

Meine - oft verlustreiche - Auseinandersetzung mit der Elektrofliegerei begann in der zweiten Hälfte der 70er Jahre. Als Equipment stand damals zur Verfügung:

Der 1,2 Ah Varta Akku war Stand der Technik. Die Zellen hatten Sub C Größe und wogen 47 gr. Die Streuung der Zellen war enorm. Man kaufte 20-30 Stück und selektierte die Zellen erst einmal nach Spannung und Kapazität. 20 Stück gaben einen guten und einen schlechteren 8-Zellen-Akku, der Rest war Schrott. Die Zellen hatten bei 10 A Belastung eine Anfangsspannung von ca. 1,0V, die dann zügig abfiel. Bei 10A Belastung war die entnehmbare Kapazität nicht 1,2 Ah sondern max. 0,9 bis 1,0Ah. Grenzwert aller Komponenten waren 12 A Anfangsstrom. Ein 8 Zellen Akku gab also anfangs 100 - 80W für knapp 5 Minuten her. Zur Umsetzung dieser gewaltigen Energie stand zunächst eigentlich nur der Speed 600/500 zur Verfügung. Immerhin konnte man mit/ohne Rückschlußring und Getriebe ( dann mit 10 Zellen ) variieren. Mit 20x10 und ( Geheimtipp ! ) 19x12 Luftschrauben war ein Standschub im Bereich von 360 gr. erzielbar, mit Getriebe etwas mehr, allerdings auf Kosten der Strahlgeschwindigkeit. Mit den Reglern war das auch so eine Sache. Regeln oder stellen konnte man zunächst mit dem legendären 2 N 3055 im TO 3 Gehäuse. Das Teil wog allein 15 gr. und brauchte noch ein ordentliches Kühlblech sowie reichlich Leistung zum Ansteuern. Zur Gewichtseinsparung verwendete man daher meist einfache Relaisschalter, die in der Edel-Ausführung mit einem Sanftanlauf ausgestattet waren. Immerhin gab es schon die Spannungsregler-ICs, sodass man wenigstens den Empfängerakku einsparen konnte.

 

Ein weiterer Eigenbauschalter mit BEC und Sanftanlauf

 

 

Bausatzregler von Nessel mit BUZ Transistoren. Von den davorliegenden Eigenbauten mit BD 434 Transistoren habe ich leider keinen mehr.

 

Hier nun das Gewicht eines solchen Antriebsstranges: Akku 8x47gr + Kabel und Verbinder = 400gr. Motor 200gr, Schalter/Regler ab 50gr - insgesamt also rund 650 gr. Ein Empfänger wog damals ca. 65gr, ein Servo mindestens 45 gr. Ein Antrieb nebst RC-Anlage kam somit bei 2 gesteuerten Achsen auf über 800gr - Luftschraube nebst Mitnehmer brauchte man ja auch noch - also 830 gr. Ein Segler - an mehr war anfangs nicht zu denken - durfte nicht mehr als das 3fache des Standschubes wiegen. Also standen für die Zelle des Fliegers mit meist 2m Spannweite nicht mehr als 250 gr zur Verfügung. Da der Schub aufgrund der einbrechenden Spannung schnell nachließ, waren die 5-6 Minuten Motorlaufzeit nicht auszunutzen, da die Leistung in den letzten 2 Minuten nur noch zur Gleitwinkelreduzierung und nicht mehr zum Steigen reichte. Beim Getriebeantrieb war dieser Effekt wegen der nachlassenden Strahlgeschwindigkeit noch ausgeprägter.

Was die auch weiterentwickelten Speed 500/600 - dann mit besser angepassten Wicklungszahlen - konnten, wurde dann später deutlich, als es Sanyo und GE Akkus mit 1,4 - 1,7 Ah, nur geringfügig gestiegenem Gewicht und ca. 1,1 V Spannung unter - höherer - Last gab. Zusammen mit leichteren, wirkungsgradoptimierten Reglern und RC-Komponenten konnten nun aus der Hand gestartete Motormodelle wie zB. der Robbe Rasant und die Graupner Racerat, heute noch gebräuchliche Anfängersegler und die ersten bodenstartfähigen Elektromodelle realisiert werden

Ausgehend von diesen Anfängen wird deutlich, welch enormer Fortschritt bereits in den Speed 400 Motoren ( nebst Verwandten 300er, 480er ), leichteren Reglern und kleinerer und leistungsfähigeren Akkus steckte. Die Sanyo 700/800 AR Typen und später die N3US, Kan brachten fast die gleiche Kapazität wie die alten Vartas ( oder mehr bei der N3US und der Kan ) bei deutlich höherer Spannungslage. Wir hatten also wieder ca. 100W Eingangsleistung, die nun weniger schnell abfielen, ein Motorgewicht von 73gr und Akkus mit 180 - 260 gr. Zusammen mit leichteren Stellern, Empfängern und Servos wogen Antrieb und RC nur noch etwa 400gr, die Hälfte. Da der Speed 400 nur kleinere Luftschrauben mit ungünstigerem Wirkungsgrad drehte, verlor man hier etwas Standschub ( ca. 320gr ), aufgrund des besseren Wirkungsgrades der Steller und der höheren Spannungslage der Akkus konnten letztere aber vollständig leer geflogen werden. Weil man nicht mehr auf das letzte Quäntchen Wirkungsgrad bei allen Komponeneten angewiesen war, wurden die ersten Elektro-Impeller realisierbar. Wegen der größeren Auswahl an Akkus ergab sich die Möglichkeit, mit wenig Mehrgewicht den Schub durch zwei- oder mehrmotorige Antriebe zu verdoppeln oder vervierfachen. Das Leistungsgewicht der Antriebe mit Speed 300/400/480 ist so gut, dass diese bis heute Standard im low-cost Bereich sind.

Die nächste Entwicklungsstufe waren dann die Treiblinge mit Magneten aus " seltenen Erden ", d.h. Neodym, Samarium-Cobalt. Dieses Material ermöglichte deutlich stärkere Magnete, eine höhere Belastung und längere Lebensdauer. Während die Billigmotore fernöstlicher Provenienz regelmäßig nur 3- max. 5-polige Kollektoren aufwiesen, wurden die nun vergleichsweise teuren Edel-Motore mit aufwendig gefertigten 7 -9 poligen Kollektoren ausgerüstet. Während man mit den einfachen Motoren im Normalfall nur zwischen 50 und 65% der Energie in Rotation des Propellers und den Rest in Wärme umsetzte, stiegen die Wirkungsgrade nun bis 90 % - zumindest auf den Datenblättern der Hersteller. Zusammen mit den weiterentwickelten Drehzahlstellern und Akkus - ich erinnere an die legendäre Sanyo 1 Ah rot, die Entladeströme im Bereich von 100 A verkraftete - kamen nun " Schweißstrom-Antriebe in Mode, die insbesondere F5B-Segler mit Autobahn-Richtgeschwindigkeit senkrecht auf ihre Umlaufbahn schiessen. Wenn der Akku mit 27 Zellen bei 80A 25V hergibt, sind das 2KW Eingangsleistung, also über 2,5 PS an der Welle. Diese Eingangsleistung macht deutlich, dass die Motore eine gewisse Masse haben müssen, denn selbst bei einem Wirkungsgrad von 90% muß die als Wärme anfallende Verlustleistung im Bereich von 200W irgendwo bleiben.

Das vorläufige Ende der Entwicklung sind nun die bürstenlosen Motore, bei denen die Kommutation, also die Umkehr des Magnetfeldes nicht durch einen funkensprühenden Kollektor sondern elektronisch durch den Drehzahlsteller erfolgt. Das Prinzip ist schon älter, im Modellbau einsetzbar wurde es aber erst durch die Entwicklung preisgünstiger Mikroprozessoren und kleiner, leistungsfähiger Schalttransistoren. Auch einfachere Exemplare dieser Motorengattung kommen schon auf beachtliche Wirkungsgrade, denn in jedem Fall werden die Übergangsverluste an Kohlen und Kollektor eingespart. Da dort auch keine Verlustwärme mehr anfällt, können die Motore bei gleicher Leistung kleiner sein. Das Prinzip ermöglicht sowohl enorm hoch drehende Innenläufer als auch Außenläufer mit einem Drehmoment, das deutlich über dem sehr viel größerer Bürstenmotore liegt. Da verschleißanfälligen Kohlen und Kollektoren entfallen, sind die Motore praktisch wartungsfrei, kleiner, leichter und billiger.

Während sich der Modellbauer noch über diese Weiterentwicklung der Motoren- und Reglertechnik freute, kamen die hoch belastbaren Lithium-Polymer und -Ionen Akkus. Nachdem diese einige Kinderkrankheiten überstanden haben und preisgünstiger geworden sind, stehen die Elektroantriebe den Verbrennern - außer dem Geräusch - in nichts mehr nach. Ich habe eingangs den Antriebsstrang der Elektroflug-Steinzeit vorgestellt. Was diese 800gr Hardware einst leisteten, macht jetzt zB. der abgebildete Antriebsstrang mit einem Axi 2208 besser und länger. Der 400gr schwere Varta-Akku wird durch einen 55gr schweren Lipo mit 3 Zellen und 830 mAh ersetzt, der 200gr schwere Motor durch 45gr Außenläufer und der 10A-Regler wiegt noch 8 gr. Durch den höheren Wirkungsgrad aller Komponenten erreichen wir mit etwa 70W Eingangsleistung die Schubwerte, für die früher über 100W verheizt werden mußten.

Zum Schluß noch ein paar technische Details aus der Entwicklung der Drehzahlsteller für Elektronikfreaks.

Wenn ich mich lange Zeit mit dem Eigenbau von Drehzahlstellern beschäftigte, lag das in erster Linie daran, dass solche Komponenten nur sehr spärlich im Handel angeboten wurden und, um sie ohne heute übliche Schutzschaltungen einigermaßen narrensicher zu machen, überdimensioniert und schwer waren. Die fortschrittlichste Lösung mit den in Reihe geschalteten BD 4xx gab es meiner Erinnerung nach überhaupt nicht als Fertigteil. Letztlich konnte man die Regler mit ihrem großen Platzbedarf auf einer dem jeweiligen Modell angepaßten Platine zusammenlöten.

Während man heute einen bestenfalls fingernagelgroßen Chip im Regler hat, der sich selbst und 20 andere Parameter laufend checkt, ergab sich anfangs erst einmal das Problem, den digitalen Impuls des Motorkanals in eine analoge Drehzahländerung umzusetzen. Die erste und durch ihre Einfachheit bestechende Methode bestand darin, den mit veränderlicher Länge hereinkommenden Impuls in einem Kondensator zu sammeln, der dann je nach Impulslänge ein analog veränderbares Spannungsniveau erreichte. Damit konnte man die Basis eines Transistors ansteuern, der bei Erreichen der Schaltschwelle ein Relais ansteuerte oder analog einen größeren Leistungstransistor. Letzteres war wenig befriedigend, denn nur die Verwendung eines Schalttransistors wie des 2 N 3055 hielt die Verlustleistung einigermaßen in Grenzen; diese Schaltcharakteristik vertrug sich aber nicht mit dem Wunsch nach einer kontinuierlichen Regelung. Dann kamen die ersten ICs, mit deren Hilfe man einen Referenzimpuls erzeugte, diesen mit der veränderlichen Impulslänge des Fernsteuersignals verglich und aus der Differenz ein getaktetes Signal zur Ansteuerung des Schalttransistors erzeugte. Mit dieser Technik konnte man auch einigermaßen exakte und von der Eingangsspannung unabhängige Schaltpunkte für die Betätigung eines Relais bekommen. Dann der Leistungstransistor:

 

Der monströse Leistungstransistor im TO3 Outfit auf der Waage

 

BU 109, darüber der BD 433 und oben der MosFet BUZ

 

Größenvergleich der Transistoren mit einem modernen Regler

Anfangs gab es nur Teile wie den 2 N 3055, ca. 15gr schwer, hungrig nach hohen Basisströmen und ohne ordentliches Kühlblech nicht einsetzbar. Um den Spannungsabfall bei Volllast zu vermeiden, konnte man ein Relais einbauen, das den Transistor bei Vollgas überbrückte. Das brachte ca. 15gr Mehrgewicht. Eine andere Lösung bestand darin, einen Relaisschalter mit Sanftanlauf zu bauen. Bei Erreichen des Einschaltpunktes wurde erst ein kleinerer Leistungstransistor angesteuert, der den Motor mit verminderter Leistung anlaufen ließ. Bevor dieser Transistor mit kleinem Kühlblech überhitzte und durchbrannte, wurde dann das Relais geschaltet. Den zeitlichen Abstand regelte ein Kondensator an der Basis des Transistors, der das Relais schaltete. Als Alternative zum 2 N 3055 gab es Darlingtontransistoren gleicher Größe, die aber auch nicht mehr brachten. Die erforderliche Steuerleistung war durch die interne Transistorkaskade zwar geringer, dafür war die Schaltcharakteristik und der Spannungsabfall schlechter. Die nächste Entwicklungsstufe bei den Transistoren war die Vervendung der kleinen und leichten Schalttransistoren der BD 430er Reihe im TO 220 Format. Da diese eine Schaltleistung im Bereich von 2A hatten, mußte man so 7-10 Stück parallelschalten. Die Burschen hatten zwar einen sehr geringen Widerstand, wenn sie durchgeschaltet hatten, andererseits aber einen geringen Verstärkungsfaktor, sodass man die Basis jeden Transistors mit 80-100mA ansteuern mußte. Für die Kühlung reichte ein Aluplättchen von 1,5Quadratzentimeter pro Transistor. Ähnlich wie bei den ersten Varta-Akkus gab es auch bei diesen Transistoren eine erhebliche Streuung. Der Insider wußte, welcher Hersteller gerade die besten BDs baute. Davon, sie waren nicht teuer, kaufte man so 30-40 Stück, die dann einzeln nach Verstärkungsfaktor und Spannungsabfall vermessen wurden. Jeder Transistor mußte einen individuell angepassten Basiswiderstand bekommen, damit die Verstärkung und damit der Anteil am Gesamtstrom gleich war. Ging das schief, brannten die Besten zuerst durch, weil sie im Vergleich zuviel arbeiteten und über den Grenzstrom kamen. Beim Menschen heißt das wohl burn-out-Syndrom. Erledigt wurde das Problem mit den Transistoren durch das Auftreten leistungsfähiger MosFet- oder Feldeffekttransistoren. Da diese Bauteile spannungsgesteuert sind, entfiel zunächst die hohe Steuerleistung. Da die MosFets - bekannteste Verteter die BUZ-Serie - immer geringere Restwiderstände erreichten, kamen sie ohne Kühlbleche aus- jedenfalls dann, wenn man unter den Grenzströmem blieb. Inzwischen sind diese MosFets auf SMD-Größe geschrumpft und werden aufgrund der gleichzeit verringerten Belastbarkeit in größeren Stückzahlen pro Regler eingesetzt. Mit Einführung der SMD-Technik und der Steuerprozessoren endete die Möglichkeit und Notwendigkeit zum Selbstbau von Drehzahlstellen.

 

Startseite